Frankfurter Allgemeine Zeitung
19.04.2023
von Katinka Fischer
Fingerzeig auf Caravaggio
Für den 1939 geborenen Darmstädter Maler Leo Leonhard muss die Konfrontation mit den avantgardistischen Strömungen seiner Zeit eine Zumutung gewesen sein. Nun werden seine altmeisterlichen Bilder wiederentdeckt.
Als Gnade hat Leo Leonhard die späte Geburt, zumindest in beruflicher Hinsicht, wohl kaum empfunden. Für den Maler, der 1939 in Leipzig geboren wurde, muss die Konfrontation mit den avantgardistischen Strömungen seiner Zeit eine Zumutung gewesen sein. Denn während sich abstrakter Expressionismus, Minimalismus und Konzeptkunst gerade von Figur und Gegenstand befreiten, entschied er sich für einen altmeisterlichen Stil und Motive, die die Kunstgeschichte nachgerade heraufbeschwören. Ein Selbstbildnis etwa wirkt, als hätte es ein niederländischer Meister des 17. Jahrhunderts gemalt. Es zeigt das ernste Porträt eines jungen braunbärtigen Mannes mit ausladendem Barett. Entstanden ist es 1962, also ein Jahr, nachdem Joseph Beuys als Lehrer an die Kunstakademie Düsseldorf berufen worden war und Leonhard dort bemerkenswerterweise selbst zu studieren begonnen hatte.
Das frühe, noch recht kleine Bild gehört zu den Exponaten einer Ausstellung, die ihm derzeit die Wiesbadener Galerie Rubrecht Contemporary widmet. Die Schau ist das erste öffentliche Ergebnis der Arbeit eines Kunsthistorikerteams, das Leonhards umfangreiches Schaffen neu erschlossen hat und ihn jetzt über die Darmstädter Region hinaus bekannt machen will. Dort war der examinierte Kunsterzieher, der später an der damaligen Fachhochschule Mainz Zeichnen und Illustration lehrte, bis zu seinem Tod 2011 zu Hause. Neben ... (weiter in FAZ-Online)